Wie der UX-Designprozess den Software ROI steigert

Design Diary
UX-Designprozess steigert Software ROI_B

Beim Start eines Softwareprojekts wird häufig vom Return on Investment (ROI) gesprochen. Also dem Betrag, der durch das Projekt erwirtschaftet oder eingespart wird. So gesehen ist der UX-Designprozess zwar ein großer Zusatzaufwand, kann jedoch enorm viel Kosten einsparen und Projekte vor dem Scheitern bewahren. Anhand von drei Kundenprojekten zeige ich dir, wie der UX-Designprozess den Software ROI steigern kann.

Autor
Daniel Öttl
Datum
3. Juli 2024
Lesedauer
5 Minuten

Wie wird der ROI des UX-Designprozesses berechnet?

Den ROI eines UX-Designprozesses zu errechnen ist ziemlich einfach:

  1. Man nimmt Daten aus einer Messung als Grundwert,
  2. startet einen UX-Designprozess, um den Wert dieser Messung zu verbessern und
  3. wiederholt dieselbe Messung nach der Implementierung.

Anhand der Messwert-Differenz berechnet man, ob die Investition in den Designprozess rentabel war. 

Die Formel dafür: ((Gewinn - Investitionskosten) / Investitionskosten) * 100

Das Ergebnis ist eine Prozentzahl, die, wenn sie positiv ist, von einer sinnvollen Investition zeugt.

Es liegt nicht ausschließlich am UX Design

Jetzt kommt das große Aber. Nur in den seltensten Fällen kann der Software ROI ausschließlich auf den UX-Designprozess zurückgeführt werden. Schließlich beeinflussen noch weitere Faktoren das Ergebnis, wie zum Beispiel das gewachsene Verständnis der Nutzer:innen und die technische Umsetzung. 

Glücklicherweise machen sich die finanziellen Vorteile des UX-Designprozesses weit im Voraus bemerkbar. Durch den Fokus, der durch den Prozess entsteht, können die Entwicklungsressourcen in der Umsetzung effizient eingesetzt werden. Wie das genau zu verstehen ist, zeige ich dir mit diesen drei Kundenprojekten.

UX-Designprozess spart Entwicklungskosten und steigert somit den ROI

Beispiel 1: Keine Nachbearbeitung nötig

Bei der Produktionssoftware für Sigvaris haben wir von Anfang an intensiv mit den zukünftigen Anwender:innen der Software zusammengearbeitet. Gemeinsam haben wir User Flows skizziert und uns anhand von Design-Prototypen abgestimmt. Das Ergebnis ist eine Softwarelösung, die quasi sofort nach der letzten Funktionsimplementierung in den Produktionsbetrieb genommen werden konnte. (Natürlich gab es davor Testläufe.)

Durch die enge Abstimmung während des UX-Designprozesses sind beim Live-Gang keine Überraschungen aufgetreten und es mussten keine Ressourcen für eine (ungeplante) Nachbearbeitung aufgewendet werden.

Produktionssoftware bei Sigvaris im Einsatz.
Produktionssoftware bei Sigvaris im Einsatz.

Beispiel 2: Fokus auf den Nutzen

Wir haben bei der Konzeption der Wunschliste für den mofakult-Onlineshop nach der besten Lösung für die Mofa-Community gesucht. Die ausgewählte Vision bringt zwar viele Funktionen, die für alle Projektbeteiligten den Nagel auf den Kopf treffen, jedoch können wir die Akzeptanz der Nutzer:innen nicht im Vorfeld garantieren.
Damit sich der Aufwand in Grenzen hält, haben wir die Funktionen in mehrere Versionen aufgeteilt. Dadurch können wir uns Schritt für Schritt dem vollen Funktionsumfang nähern. Pro Version werden wir die Nutzung bzw. Akzeptanz der Nutzer:innen überprüfen und durch Interviews die weiteren Funktionen bis zur letzten Ausbaustufe festlegen.

Wish list versionen
Vision der Detailseite der Wunschliste, wie sie für die nächste Version geplant ist.

Beispiel 3: Klarer Kontext

Je klarer der Kontext, desto gezielter kann die Lösung sein. Der Anwendungsfall für die mobile App von Liebherr war sehr klar: Vielbeschäftigte Personen (Zielgruppe) sollen von unterwegs (Nutzungsszenario) Budget-Freigaben erteilen können. Durch die stark definierten Vorgaben fokussierten wir uns im UX-Designprozess und der Entwicklung auf die Darstellung und Handhabung für mobile Geräte. Um das Layout für Desktop- und Tablet-Geräte kümmerten wir uns erst gegen Ende des Projekts.
Die deutlich definierten Szenarien haben uns geholfen, wichtige Informationen zu identifizieren und die Funktionen zu priorisieren. Dadurch konnten wir einen Großteil unserer Ressourcen auf diese Punkte fokussieren und das Projekt schnell und erfolgreich umsetzen.

Permission Request App von Liebherr
Schnelle und einfache Freigabe per Permission Request App von Liebherr.

Daten aus der Wissenschaft

Diese drei Projekte sind bei Fusonic keine Ausnahmen, sondern stehen beispielhaft für unseren Standardablauf, um in einem Softwareprojekt den ROI zu steigern. Ich will damit aufzeigen, wie wichtig der UX-Designprozess ist, um die Rahmenbedingungen schon vor dem Entwicklungsstart zu setzen. Denn statistisch gesehen läuft ein Softwareprojekt ganz anders ab.

In ihrem Erklärvideo aus 2011 zeigt die Verhaltenspsychologin Dr. Susan Weinschenk, dass 50 % der Entwicklungszeit für Überarbeitungen aufgebraucht werden, die man durch einen UX-Designprozess hätte vermeiden können.

Seit 1994 analysiert die Standish Group in ihrer Langzeitstudie »Chaos-Studie« über 40 000 IT-Einzelprojekte, um wissenschaftlich Erfolgs- und Misserfolgsfaktoren zu ermitteln. Die Projekte werden in drei Kategorien unterteilt:

  1. Erfolgreich abgeschlossen
    Das Projekt wurde rechtzeitig, ohne Kostenüberschreitung und mit dem ursprünglich geforderten Funktionsumfang abgeschlossen.
  2. Teilweise erfolgreich
    Das Projekt wurde abgeschlossen, es kam jedoch zu Kosten- und/oder Zeitüberschreitungen oder es wurde nicht der vollständige geplante Funktionsumfang erreicht.
  3. Nicht erfolgreich
    Das Projekt wurde abgebrochen oder niemals eingesetzt.
ROI chart
Grafische Darstellung der Auswertungsergebnisse von 1994 bis 2020.

Erfreulich ist, dass die Anzahl der erfolgreich abgeschlossenen IT-Projekte in den letzten Jahren immer weiter zugelegt hat. Daraus lässt sich schließen, dass die eingesetzten Prozesse und Projektmanagement-Methoden den gewünschten Erfolg bringen.

Erschreckend hingegen ist, dass sich die Anzahl der IT-Projekte, die nur teilweise umgesetzt wurden, in den letzten drei Jahrzehnten kaum von der 50 %-Marke wegbewegt hat. Hier gibt es also viel Potenzial für eine detaillierte Planung. Dieses Argument geht ebenfalls aus den jeweils drei Hauptfaktoren für den Erfolg und Misserfolg von IT-Projekten aus dem Bericht der Standish Group hervor.

Erfolgsfaktoren

  • Einbindung der Endbenutzer:innen
  • Unterstützung durch das obere Management
  • Klare Anforderungen

Misserfolgsfaktoren

  • fehlende Zuarbeit durch Benutzer:innen
  • unvollständige oder unklare Anforderungen
  • häufige Anforderungsänderungen

Fazit

Der UX-Designprozess wirkt nur auf den ersten Blick wie ein zusätzlicher Kostenfaktor. In Wirklichkeit ist er eine strategische Investition, die den gesamten Software ROI steigern kann. Wie in den vorgestellten Kundenprojekten deutlich wird, reduziert der UX-Designprozess die Entwicklungsaufwände durch präzisere Anforderungsdefinitionen und verhindert kostspielige Überarbeitungen nach der Implementierung. 

Es lohnt sich daher, bereits sehr früh im Projekt mit dem UX-Designprozess zu starten und Lösungsvarianten durchzuspielen. Basierend auf diesen gewonnenen Daten können fundierte Entscheidungen getroffen werden, um langfristige Einsparung bei der Entwicklung zu machen und eine verbesserte Nutzerakzeptanz zu erzielen.

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